Neuseeland

Neuseeland #25: Umwelt, Klima & Naturkatastrophen

Ich komme nicht umhin einen eigenen Artikel mit Gedanken zum Thema Umwelt, Klima, Energie und Naturkatastrophen zu schreiben nach unserer Neuseeland Zeit. Es sind die derzeit beherrschenden Themen – weltweit – und auch auf Neuseeland ist uns einiges dazu aufgefallen.

Gas – Strom – Energie

Natürlich wurden wir darauf angesprochen, ob Deutschland diesen Winter friert, weil es kein Gas aus Russland mehr erhält. Wir konnten beruhigen, dass es besser mit der Gasversorgung funktioniert hat, als Mitte des letzten Jahres noch erwartet wurde. Aber dass die Preise viele Haushalte exorbitant belastet haben und unsere Regierung viel schneller tätig werden musste, Alternativen zu finden, als sie es unter normalen Umständen je getan hätte (ist meine persönliche Annahme).

Neuseeland hat nicht diesen Gasverbrauch wie Deutschland und ist unter den 50 Ländern der Erde mit dem geringsten Gasverbrauch gelistet. Das hängt natürlich mit einer komplett anderen Energie-Infrastruktur zusammen. Eine Zentralheizung habe ich nur einmal in einem Haus gesehen. Ansonsten läuft hier alles über Strom (der wahrscheinlich mit dem Gas erzeugt wird).

Aber beim Stromsparen sind uns die Länder mit dem Modell aus UK, das auch hier in Neuseeland Anwendung findet, deutlich voraus: hier ist an jeder Steckdose ein Schalter, mit dem man den Strom abschalten kann. Dadurch wird der hohe Standby-Betrieb vermieden. Es hat hier auch irgendwie jeder im Blut, die Steckdosen auszuschalten, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Nur wir Festland-Europäer sind hier die Energieverschwender, die das Ausschalten oft vergessen. Ich finde das System hier durchaus beispielhaft gut!

Dafür werden die Klimaanlagen oft als Inverter, das heißt als Heizung genutzt, was den Stromverbrauch wieder in die Höhe treibt.

Leider mussten wir die Klimaanlage öfter als Heizung nutzen als uns lieb war, selbst im neuseeländischen Sommer.
Das liegt auch an der Bauweise hier, denn die meisten Häuser sind aus Holz gebaut, die Außenwände ähnlich unseren Rigips Wänden, die wir nur innen nutzen. Das heißt, die Isolierung ist gleich null. Damit haben sich die Häuser tagsüber unter der Sommersonne extrem aufgeheizt und nachts, wenn es auch im Sommer deutlich kühler ist, friert man schneller im Haus. So waren wir in der ersten Zeit etwas überfordert, zur richtigen Zeit die richtigen Maßnahmen zu ergreifen und gleichzeitig die fiesen Sandfliegen aus dem Haus zu halten. 🙂

Erdbeben – Vulkanausbrüche

Vorteil dieser Hausbauweise? Nun ja: nach einem Erdbeben brechen sie schnell zusammen, sind aber auch schneller wieder aufgebaut als richtige Steinmauern und Glas und Stahl.

Entsprechend dieser Bauweise fanden sich auch die Hinweise zum Verhalten beim Erdbeben, die uns jeder Gastgeber mitteilen musste: schau, dass dir möglichst wenig auf den Kopf fällt….

Wir haben in unserer Neuseelandzeit nur ein oder zwei kleine Wackler, das heißt Erdbeben erlebt als wir auf der Nordinsel waren. Wir haben es auch nicht immer gemerkt, so klein waren die Beben. Als wir im Norden der Südinsel, in Kaikoura, waren, gab es das größere Beben in Wellington mit einer Stärke über 6, allerdings in ausreichender Tiefe, so dass Wellington glücklicherweise nur wenig Auswirkungen hatte und bei uns in Kaikoura nur einige wenige Leute die Gläser haben wackeln sehen.

Ich muss definitiv auch kein großes Beben miterleben, denn die Auswirkungen sind uns derzeit nur zu gut durch das letzte Beben in der Türkei und in Syrien bekannt. Aber das Gefühl, wenn die Erde sich bewegt, hat auch mich interessiert. So bekamen wir in Wellington im National Museum die Gelegenheit, ein eigens gebautes kleines Haus zu betreten, in dem dann ein Erdbebenprogramm bis Stärke 6 gestartet wurde und ein Film das originell und mit Erläuterungen begleitet hat.

Die Auswirkungen der echten großen Beben sieht man weiterhin in Christchurch. Da hat man nach dem großen zerstörerischen Erdbeben in 2011 lange gebraucht, bis man die Stadt wieder aufgebaut hatte. Ausgerechnet über das Herz von Christchurch, der alten Kirche, schieden sich die Geister, ob ein Abriss oder ein Wiederaufbau das richtige wäre. Nun endlich ist die Kirche eingerüstet und man hat sich für den Wiederaufbau entschieden. Die Bewohner von Christchurch haben wohl sehr darum gekämpft und sind froh über die Entscheidung. Ansonsten sind aus der Innenstadt die Container, die zeitweise als Abhilfe aufgestellt worden waren, mittlerweile wieder verschwunden und vor allem die Einkaufsstraße wurde neu und sehr modern wieder aufgebaut, aber es sind immer noch viele freie Schotterplätze in der Innenstadt vorhanden, die erstmal als Parkplätze genutzt werden, aber man gewinnt den Eindruck, dass auch hier die Entscheidungen über die weitere Verwendung und Bebauung immer noch ausstehen.

Neuseeland ist auch das Land der aktiven Vulkane. Das ist einem nicht so bewusst, da es nicht wie auf Hawaii offene Krater mit ständigem Lavafluss gibt. Oder wie in Indonesien auf der Insel Java der sehr gefährliche und hochaktive Vulkan Merapi, der derzeit wieder vermehrt Vulkanasche und Rauch ausspeit. Aber es gibt sie, die aktiven Vulkane und Krater, vor allem auf der Nordinsel, sie werden jedoch auch als Skigebiete im Winter genutzt und ein Frühwarnsystem soll vor Ausbrüchen rechtzeitig warnen.

Der letzte starke Ausbruch war von dem aktivsten neuseeländischen Vulkan auf White Island vor der Bay of Plenty. Der Vulkan Whakaari war am 9. Dezember 2019 ausgebrochen, als sich 47 Touristen auf der kleinen Insel vor der neuseeländischen Nordinsel aufhielten. Unter ihnen waren vier Deutsche sowie Besucher aus Australien, China, Malaysia, den USA und Großbritannien. 22 Menschen sind dabei gestorben, auch ein Deutscher.

Netflix hat darüber eine Dokumentation gedreht, die wir uns angeschaut haben und die uns bestürzt hat. Denn auch wir hätten genauso wie die Touristen damals so einen Ausflug gebucht und den Unternehmen, die diese Ausflüge anbieten, vertraut. Schließlich ist auch hier – eigentlich- alles durch entsprechende Behörden reguliert. Das war damals vor 4 Jahren aber wohl nicht ganz der Fall. Diese Ausflüge zu White Island sind nach dem Ausbruch sofort komplett eingestellt worden.

Naturkatastrophen

Im Prinzip hatten wir zeitlich und vom Ablauf her gesehen unsere Reise genau richtig geplant – um den zeitgleich stattfindenden Naturkatastrophen auf Neuseelands Nordinsel zu entgehen.

Wir haben also weder die erste Flut noch Zyklon Gabrielle, noch die zweite Flut mitbekommen – aber die Auswirkungen und Schäden hinterher haben wir durchaus gesehen.

Zur Erinnerung: Ende Januar 2023 wurde in Auckland das erste Mal der Notstand ausgerufen, weil nach ungewöhnlich starken Regenfällen Teile der Stadt und diverse andere Gebiete auf der Nordinsel in Fluten versanken. Das Nationale Forschungsinstitut NIWA teilte mit, dass in einigen Gebieten der Stadt innerhalb von 15 Stunden 80 Prozent der Niederschlagsmenge gefallen sei, die sonst im ganzen Sommer gemessen werde. 

Und der Regen hörte wochenlang nicht auf. Ungewöhnlich für einen neuseeländischen Sommer und schwierig für ein Land, das nach der Corona Pandemie gerade erst wieder geöffnet hatte und jede Menge Touristen erwartete und auch für den Neustart der Wirtschaft brauchte.

Kaum 3 Wochen später fegt der tropische Zyklon Gabrielle über die Insel und richtet einen immensen Schaden an, ein „Gemetzel“, wie die Regierung verlauten lässt. Wieder wird der Notstand ausgerufen. Laut Nachrichten waren über 200.000 Menschen ohne Strom in dem Land mit nur rund fünf Millionen Einwohnern. Einige Orte waren wegen Überschwemmungen und schwer beschädigter Straßen komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Flug-, Fähr- und Zugverbindungen wurden teilweise eingestellt.

Wir bekamen im Norden der Südinsel nur die Ausläufer mit, ein Ausflug wurde gestrichen und wir konnten die tosenden Wellen beobachten, die der Sturm hinterlassen hatte.

Wieder gingen die Regenfälle weiter – für die Neuseeländer auf der Nordinsel war der Sommer passé. Auckland bekam Ende Februar 2023 seine zweite Flut ab und Regionen wie Hawke’s Bay, Coromandel Pensinsula und Northland versanken wieder im Wasser.

Erst danach kamen wir auf die Nordinsel und waren beeindruckt wie schnell die Neuseeländer aufräumten. Viele Straßen waren schnell wieder befahrbar, auch wenn die Schäden deutlich sichtbar waren: Straßen waren ausgehöhlt vom Wasser oder auch ganz weggeschwemmt, Brücken zusammengebrochen, überall riesige Schneisen in Wäldern durch umgestürzte Bäume, die Straßen blockierten. Mit der Motorsäge wurden die Überhänge grade abgetrennt und weggeschafft, der Rest inklusive Felsbrocken von den Abhängen lag überall rum und erschwerte jede Autofahrt. Manche Asphaltdecke war 20 oder 30 Meter den Abhang herabgestürzt und so gab es nur noch eine Fahrbahn. Auf dem Highway No. 1 war ein Stück Asphaltdecke einfach abgebrochen und einen Meter abgesackt.

Einige Regionen (z.B. Coromandel) sind weiterhin nur schwer zu erreichen und von der Außenwelt nahezu abgeschnitten. Die Bevölkerung macht sich Sorgen, wirtschaftlich abgehängt zu werden, wenn nicht bald Lösungen für das Straßen- und Infrastruktur-Desaster gefunden werden.

Wir hören von vielen Einheimischen, dass das eine Katastrophe mit Ansage war. Irgendwie ähnlich zum Ahrtal in Deutschland: zu späte Information, zu wenig Überlegungen, wie man dem Klimawandel zum Trotz die Natur so unterstützen kann, dass sie einem Wirbelsturm besser standhält. Viele beklagen, dass man lange Raubbau an der Natur betrieben hat, Wälder gerodet, Sümpfe trocken gelegt hat (fast ganz Auckland steht auf altem trockengelegten Sumpfland….),um Platz für neue Häuser zu schaffen, so dass die Natur keine Kraft hat, dem entgegenzustehen. Man braucht hier eben auch viel Land für neue Wohngegenden, da eben nicht in die Höhe, sondern in die Breite gebaut wird. Erst langsam dringt diese naturwissenschaftliche Erkenntnis in die Gedanken der Politik mit der Überlegung was zu ändern. Aber wie schnell das zu echten und nachhaltigen Aktivitäten führt, kennen wir nur zu gut aus unseren eigenen Gefilden…. Es gibt eben auch immer wieder andere Interessen, die dem entgegenstehen und entsprechend monetär ausgestattet sind. Dabei wird der Wohnraum auch für die junge Generation Neuseeländer mit Familie viel zu teuer. In den Städten mit dem höchsten Jobangebot kann sich kaum einer leisten zu wohnen. Es entsteht gerade eine Flucht von jungen Familien nach Australien, dort ist Land und Leben noch um einiges günstiger als in Neuseeland. Unzählige Male haben wir mittlerweile gehört, wessen Tochter oder Sohn nun mit Familie in Sydney oder Brisbane lebt.

Aber auch von den neuseeländischen Städten raus aufs Land. Wanaka ist so ein Ort, der mittlerweile das Doppelte an Einwohnern hat und die nächsten Bauplätze sind schon am Wachsen, denn auch die Corona Pandemie und das die daraus resultierenden Home Office Tendenzen haben zu einer Landflucht geführt, um beim nächsten Lockdown nicht in seiner Stadtwohnung eingesperrt zu sein.

Ist das dann noch das Traumland, das wir in Europa vor unserem geistigen Auge sehen? Ein Traumland, ja, aber mit Hürden und deutlichen Einschränkungen – und nicht abgeschnitten von den Problemen dieser Welt.

Ein Kommentar

  • AK

    Danke für diese guten und reflektierten Einschätzungen. Überhault finde ich Eure Beobachtungen jnd Einordnungen (Neudeutsch „Learnings“…) jenseits der reinen Reiseschilderungen und der tollen Fotos immer wieder spannend und lehhreich. So bildet Reisen auch für die Zuhausesitzenden…

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