Australien

Kangaroo Island

Wir waren etwas unter Zeitdruck, rechtzeitig die Fähre um 12 Uhr von Cape Jervis nach Kangaroo Island zu erreichen, denn wir hatten rund 300 km und 3,5 Stunden Fahrt an diesem Morgen zu bewältigen und mussten bis 11:30 Uhr für die Fähre eingecheckt haben.

Also fuhren wir bereits um 7 Uhr nach einem kleinen Frühstück los und kamen mit kurzen Stopps und lahmen LKWs vor uns dann pünktlich um 11:15 Uhr am Fähranleger an. Ich erhielt meinen Boarding Pass als ‚Walk-in’ Passagier und Dirk musste unser SUV-Ungetüm millimetergenau nach Anweisung auf der Fähre einparken. Aber dafür ist er schließlich der Mobilitätsbeauftragte. 😀

Pünktlich startete die Sealink Fähre die 45-minütige Überfahrt nach Penneshaw auf Kangaroo Island.

Mittendrin meldete sich die Crew über Lautsprecher und hatte tatsächlich einen Wal gesichtet, backbord in etwa 1 km Entfernung. Alle Passagiere sprinteten auf die linke Seite der Fähre und wir staunten über einen sehr aktiven Southern Right Wal, der uns alles bot, was wir bisher noch nie live zu sehen bekamen: er warf sich aus dem Wasser in die Luft und platschte breit auf seinen Rücken, zeigte uns seine große Schwanzflosse und prustete im hohen Bogen. Begeisterung machte sich breit, jeder Rückenplatscher mit einem gemeinschaftlichen ‚Ooohhhh‘ begleitet und wir verfolgten das Schauspiel eine ganze Weile bis der Wal schließlich zurückblieb.

In Penneshaw angekommen mussten wir nicht lange nach unserer Unterkunft suchen, sie war nur einige hundert Meter von der Fähre entfernt: im Seafront Resort sollten wir eine Garden Villa beziehen. Wir hatten also leider keinen Blick aufs Meer, dafür aber riesige Palmen und Bäume vor und zwischen den kleinen Villen. Meine erste Kontrolle fiel positiv aus: keine unerwünschten Tiere in der Villa und funktionierende und dichte Fliegengitter. Dafür hatte die Villa schon bessere Tage gesehen, war doch etwas verwohnt und die salzige Meeresluft hatte den ein oder anderen Türrahmen angefressen und leichte Fäulnis war erkennbar. Aber wenn ich grade die Wahl habe zwischen Getier und angefaulten Türrahmen… na, ihr wisst schon, wie da das Ergebnis ausfällt. 😉

Wir hatten leider nur wenig Zeit, uns vorher in die Besonderheiten von Kangaroo Island einzulesen, also mussten wir uns jetzt vor Ort informieren, wie die Insel beschaffen ist, wie man am besten reist, wie groß sie ist und was man sich so anschaut.

Die Insel ist deutlich größer als man beim ersten Blick auf die Karte meint. Länge: 145 km, Breite: bis zu 56 km. Einwohner: knapp 5.000.

Die größte Ortschaft ist Kingscote. Der größte Teil der Insel ist Naturschutzggebiet, darunter der bekannte Flinders Chase National Park. Ansonsten wird die Insel mehrheitlich landwirtschaftlich genutzt: viele Schaf-Farmen, viele Honig- bzw. Bienenfarmen, zwölf Weingüter und eine Eukalyptus Öl Distille – und überall jede Menge Kängurus.

Es gibt einige gut ausgebaute Straßen über die Insel, aber die meisten sind sogenannte ‚Gravel Roads‘, also unbefestigte Schotterstraßen. Zum Teil sehr gut gewalzt und gut befahrbar, aber auch viele mit gefährlichen Löchern. Charakteristisch für mich sind inzwischen die alleengleichen Straßen mit der wunderschönen und speziellen Art von Eukalyptus Bäumen.

Cape Willoughby

Wir machen uns am ersten Tag mit unserer kleinen Halbinsel im Osten vertraut und ruckeln über die Schotterpisten zum Cape Willoughby mit dem Leuchtturm aus dem Jahr 1852. Hier sehen wir das erste Mal eine Karte mit den zahlreichen Schiffswracks, die rund um Kangaroo Island untergegangen sind und dort weiterhin liegen und teilweise für Tauchexpeditionen zugänglich sind.

Auf den Weiden rund um den Leuchtturm grasen Schafe, einträchtig gemeinsam mit Kängurus und statt Möwen fliegen hier eben Papageien.

Am Abend gehen wir im Pub essen und haben eine Inselkarte und eine Broschüre mit, um zu diskutieren, was wir nun in den nächsten 2 Tagen auf der Insel unternehmen wollen. Wir haben die Empfehlungen unserer Reiseagentur, aber die Spots liegen alle im Osten der Insel, also 145 km entfernt. Dirk meint, och nee, er hat keine Lust so weit zu fahren, denn das sind jeweils mindestens 2 Stunden hin und 2 Stunden zurück. Wir könnten uns doch was in der näheren Umgebung ansehen. Das bekommt eine deutsche Bedienung mit, Janine, die sich gleich vorstellt und uns Tipps gibt. Und sie erklärt uns, dass diese Highlights im Westen der Insel genau das sind, warum Touristen rund um die Welt fliegen und nach Kangaroo Island kommen. Ich hebe eine Augenbraue und schaue Dirk an. J Er seufzt und erkennt, dass er keine Chance hat. Drei Tage auf Kangaroo Island wohnen und die Highlights nicht gesehen haben, ist halt nicht.

Von der Seal Bay bis zu Admirals Arch

Also starten wir am nächsten Morgen recht früh und klappern die südlichen Insel-Highlights ab. Als erstes stoppen wir nach rund einer Stunde Fahrt bei Seal Bay. Eine wunderschöne Bay mit tollen Klippen und Sandstrand – und jede Menge Seelöwen, die dort ganzjährig anzutreffen sind und besonders geschützt werden. Über einen Boardwalk kommen wir auf eine Plattform oberhalb des Strands und können die Tiere von dort beobachten. Zwei nutzen sogar den Schatten den Boardwalks und kuscheln sich dort im Schatten entspannt aneinander. Man kann auch eine geführte Tour bis runter zum Strand machen, aber wir beschließen, dass wir lieber zu zweit von oben schauen, statt mit 30 anderen mit viel Abstand am Strand. Es ist auch nicht so, dass das ganze umsonst ist: man bezahlt überall Gebühren für die Nationalparks oder für einzelne Besuche wie hier in der Seal Bay (35 AUD/Person) und für eine geführte Tour werden dann sogar 59 AUD pro Person fällig!

Als wir von der Seal Bay zurück zum Highway fahren, steht plötzlich an der Seite ein kleiner Bus und mehrere Leute unter einem Eukalyptusbaum mit Kamera und schauen hoch. Ein untrügliches Zeichen! Koalas! Wir halten also auch an, ich schnappe mir die Kamera und geselle mich dazu. Und tatsächlich erwischen wir Mutter und Kind verteilt auf einem Baum. Sie sind sogar wach (Koalas schlafen eigentlich 18 Stunden am Tag) und schauen uns an. Ich bin fasziniert. Als der Bus abfährt, halten schon die nächsten, die uns mit der Kamera am Eukalyptusbaum haben stehen sehen…. der Schneeballeffekt.

Und so haben wir von den rund 15.000 Koalas auf der Insel, gerade mal 2 angetroffen! Herzlichen Glückwunsch! 😀

Unser nächster Stopp ist ‚Little Sahara‘, das sind hohe Sanddünen mit Aussicht, die mit Boards auch gesurft werden können. Wir schauen uns das nur kurz an, freuen uns über den Spaß der anderen, wenn sie ihr Gesicht in den Sand tauchen und fahren weiter.

Wir fahren durch bis zum Flinders Chase National Park, lösen online unser National Park-Ticket (mitten im Urwald gibt’s dann genau dafür auf einmal Free Wifi 🙂 ) und machen erstmal Lunch Pause. Dann geht’s noch 20 km durch den Park und unter anderem durch die im Januar 2020 im Rahmen eines riesigen Buschfeuers abgebrannten Waldteile bis zu den ‚Remarkable Rocks‘. Das ist eine beeindruckende Felsformation, die durch tausende Jahre Erosion ihre sehr eigene Form erhalten hat. Unten am Fels tost das Meer und nagt die Brandung weiter am Stein und oben auf dem Fels kann man herumlaufen und sich dieses Naturphänomen ansehen und im besten Fall nicht abstürzen. Es ist schon einiges los, ein Bus hatte geparkt und einige Tagesausflügler sind auch dabei, aber wenn ich mir die Parkplatzkapazitäten an den Hot Spots anschaue, dann tummeln sich hier in der Hochsaison ganz andere Massen an Touristen.

Und so ergattern wir mit etwas Geduld auch das ein oder andere Foto ohne lästige andere Touristen und können zum Schluss diese faszinierenden Felsen sogar fast allein genießen. Es ist unwahrscheinlich schön und beeindruckend!

Unser letzter Stopp soll 15 km weiter beim Leuchtturm von Cape du Couedic sein. Neben diesem wirklich schönen und immer noch funktionalen Leuchtturm aus dem Jahr 1906 gibt es hier auf den Felsen unterhalb eine Kolonie von Seebären zu beobachten.

Außerdem können wir über einen weiteren Boardwalk und viele Treppenstufen zu ‚Admirals Arch‘ gelangen, einem Höhlenbogen mit Tropfsteinen mit Blick hindurch auf das offene Meer und auf neuseeländische Pelzrobben.

Auch das ist ein faszinierendes Naturschauspiel, aber fast noch mehr beeindruckt mich hier wieder die Brandung und die Gewalt die Meeres, die an die Felsen schlägt und sie weiter aushöhlt. Es ist ohrenbetäubend an dieser Stelle, der Wind zerrt an uns und ist kalt und trotzdem wird alles von der bald untergehenden Sonne in ein gleißendes Licht getaucht.

Wir freuen uns riesig, diesen Tag mit strahlendem Sonnenschein so erlebt zu haben und machen uns auf den 2-stündigen Heimweg. Jetzt in der bald aufkommenden Dämmerung sind wir natürlich mit noch mehr Vorsicht unterwegs, da nun die Kängurus wieder aktiv werden. Und tatsächlich sitzen diesmal insgesamt sechs Kängurus vor uns auf der Straße, die aber zum Glück immer gleich im Busch neben der Straße das Weite suchen.

Was uns generell auf Kangaroo Island auffällt, ist, dass an der Hauptstraße kurz hinter Penneshaw, die jeder der von der Fähre kommt passieren muss, es eine Strecke gibt, die wie ein Känguru Friedhof anmutet. Klar steht am Rand ein Warnschild, dass es hier viele Kängurus gibt, aber anscheinend verhindert es nicht eine große Anzahl an tödlichen Zusammenstößen. Was uns sehr wundert ist, dass die Kadaver aber nicht weggeräumt werden: es liegen alle paar Meter Tierreste am Straßenrand: große, gerade erst getötete Kängurus bis hin zu Fellresten und richtigen abgenagten Skeletten. Ein sehr gewöhnungsbedürftiger Anblick, den ich hier aber nicht unerwähnt lassen möchte. Auf Nachfrage von uns, warum die Kadaver nicht weggeräumt werden (wie in Deutschland angefahrene Rehe zum Beispiel), sagt man uns, dass schließlich die anderen Tiere, vor allem Greifvögel, dies als Nahrung benötigten.

Nach unserer Inselrundfahrt zwischen Ost und West, muss ich jedoch feststellen, dass es diese Art von „Tierfriedhof“ nur an dieser einen Stelle hinter Penneshaw gibt, ansonsten liegt mal ein Tier am Straßenrand, aber nicht in dieser Fülle und auch keine Skelette. Dirk und ich diskutieren das und halten die Erklärung mit den Greifvögeln für Humbug. Denn das würde bedeuten, dass an allen anderen Orten dieser Insel die Greifvögel längst verhungert sind…
Für uns ist das ein sehr makabrer Hinweis der Inselverwaltung, dass die von der Fähre kommenden Touristen mal bitte besser auf die Warnschilder achten und vorsichtiger fahren sollten. Mich persönlich hat das sehr verstört, vor allem, weil ich die pelzigen Beuteltiere so unglaublich mag. Aber an der Fähre lag ja noch ein Feedback Bogen zur Insel von der Tourismusbehörde, vielleicht nehme ich mir mal die Zeit, den entsprechend zu beantworten.

Am nächsten Tag ist wieder Abreise mit der Fähre morgens um 10:30 Uhr.

Es ist ANZAC Day, also ein Feiertag in Australien, Neuseeland und Tonga, um den Tag der ersten Militäraktion am 25. April 1915 im Ersten Weltkrieg und der Landung auf Gallipoli zu feiern. Wir sitzen entspannt beim Frühstück als wohl ein alter Militärdoppeldecker mit unfassbarem Sound über uns hinweg dröhnt – mehrfach. Die Straßen sind gesperrt, es finden einige Paraden und Reden statt, die Häuser sind geschmückt mit Flaggen und Fähnchen. Und so verabschieden wir uns von Kangaroo Island und lassen uns in 45 Minuten zurück zum Festland bringen.

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